Alte Mauern erzählen
Geschichte lebt in alten Häusern
Mettenheims Geschichte reicht weit zurück. Der Lauf der Zeit verändert das Ortsbild und das Antlitz der Gebäude in unserem Dorf fortwährend. Diese Veränderungen sind manchmal gewollt, etwa bei Renovierungen und Modernisierungen, manchmal aufgezwungen vom Zahn der Zeit, von Bränden, Kriegen, Umstürzen und unabwendbaren Anpassungen.
Im alten Ortskern gibt es heute noch eine beachtliche Anzahl historischer Gebäude, auf die sich ein genauerer Blick lohnt. Finanziell unterstützt vom Förderprogramm in der LEADER-Region Rheinhessen haben sich die Freitagsturner daran gemacht, an historisch wertvollen und für die Geschichte Mettenheims interessanten Gebäuden Hinweistafeln anzubringen, die in Bildern und kurzen Texten ein Schlaglicht auf längst vergangene Zeiten werfen und verschiedene Epochen zum Leben erwecken.
In den nächsten Wochen werden wir unter dem Motto „Alte Mauern erzählen“ 18 Häuser und Sehenswürdigkeiten in Mettenheim hier vorstellen. Den Anfang macht, wie könnte es anders sein, das Rathaus im Zentrum Mettenheims. Die interessierten Mettenheimerinnen und Mettenheimer sind eingeladen, vor Ort Geschichte und Gegenwart im Schatten alter Mauern auf sich wirken zu lassen.
Wir danken Hansi Winter und den Freitagsturnern für den kulturell und touristisch wertvollen Beitrag.
Gemeindeverwaltung Mettenheim
Wilfried Eichner, Ortsbürgermeister
Rathaus 2. Hälfte 16. Jh.
Hauptstrasse 1
Das Rathaus stammt aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts
und hat alle Zerstörungen des 30-jährigen
Krieges überstanden. Ein massiv gemauertes Erdgeschoss
mit ursprünglich offener Halle trägt ein in
Fachwerkkonstruktion ausgebautes Obergeschoss.
Im Unterschied zu anderen Ratshäusern in Rheinhessen
ist das 1. Stockwerk mittels eines vorgesetzten runden
Turmes zugänglich, der als weitere Originalität eine links
windende Sandstein-Wendeltreppe in sich birgt.
Backhausgasse 8
Dieses Haus wurde 1606 als Massivbau, teilweise Fachwerk im Kern Renaissancebau, Torbogen
bezeichnet 1606 erbaut.
Er diente während der Grafenzeit als Kutscherwohnung. Auch waren einige Wohnungen für die
Dienerschaft vorhanden.
Hier einige Personen, die im Dienste des Grafen standen: Fr. Fischer (Kutscher), Peter Schäfer
(Hof-Metzger), Lorenz Schmidt (Reit-Knecht), Joh. Gg. (Hof-Küfer), Niclaus Hans (Soldat).
Das Haus ist seit 1806 in Privatbesitz.
Rentamt
Bahnhofstrasse 2
Ehemaliges Wartenbergisches Rentamt. 1726 erbaut durch Reichsgraf Casimir Kolb von Wartenberg
als Verwaltungssitz der Grafschaft Wartenberg.
Staatlicher Vierseitenhof mit großem Garten, 18./19. Jh. Zweigeschossiger barocker Putzbau mit
Rotsandstein gefassten Rechtecköffnung und Mansardwalmdach (Biberschwanzdeckung).
1804 wurde das gesamte linke Rheinufer französisches Staatsgebiet. Die Grafen mussten Mettenheim
verlassen. Alle Besitztümer der Grafen wurden von der französischen Verwaltung übernommen bzw. verkauft.
Gräflich Uexküllscher Gutshof
Hauptstrasse 21
Vierseitenhof, im 18. Jh. Gräflich Uexküllscher Besitz. Das traufständige Eckwohnhaus, ein stattlicher
spätbarocker Krüppelwalmdachbau mit massivem Ergeschoss und Fachwerkobergeschoss
(verputzt), ist im frühen 18. Jh. erbaut.
Großer gepflasterter Hof. Im Mauerzug zur Straße Am Gutshof, stark verwittertes Uexküllisches
Doppelwappen von 1710. Die gut erhaltenen Säulen zu beiden Seiten des Hoftores gehörten zum
(1804) niedergerissenen Schloss von Mettenheim. Gebäude ist seit 1806 Privatbesitz.
Herrengarten
Graf Casimir erbaute sich nach Übernahme der Regierung ein Schloss dahier, dessen Grundstein
im Jahre 1726 gelegt wurde. Es stand, wie das alte Grundbuch von Mettenheim von 1806 zeigt,
am Ende des Dorfes nach Alsheim zu. Ein Fahrweg führte vom Portal des Schlosses über die
Straße in einen schön angelegten Garten (Lustgarten) mit fünf Springbrunnen, dieser Garten hieß
„Herrengarten“. Die Wasserleitung aus Tonröhren kam vom sog. „Börnchen“ und führte durch die
herrschaftliche Küche zu diesem Garten.
Das Schloss wurde nach der Vertreibung des Grafen auf Abbruch versteigert, aber im Jahre 1804
von den Einwohnern niedergerissen. Das dazugehörige Gelände (auch der Herrengarten) wurde
verkauft.
Ev. Bartholomäus-Kirche
Kirchgasse 3
Die Barockkirche wurde zwischen den Jahren 1748 und 1756 anstelle der alten, baufälligen Kirche
durch Graf Casimir von Wartenberg erbaut und am 24. August 1756 dem Heiligen Bartholomäus
geweiht. Besonders bemerkenswert sind die
Orgel aus dem Jahr 1762 der Gebrüder Stumm mit über
1000 Pfeifen und der Grafenstuhl, auch Grafenloge genannt,
welche in Rheinhessen einmalig sind. Bis zum Jahr 2001 war
auch noch das alte Uhrwerk der Kirche in Betrieb. In der im Jahr
2006 freigelegten Gruft ist die Familie des Grafen Casimir
von Wartenberg beigesetzt.
Pfarrhaus
Kirchgasse 7
Bis 1768 stand an dieser Stelle das evangelische Pfarrhaus. Es musste dem Neubau eines Schulhauses
mit einem Saal und einer Lehrerwohnung weichen, da die bisherige einklassige lutherische
Konfessionsschule zu klein war. 1832 war das bisherige Pfarrhaus neben der Kirche (Kirchgasse 5)
baufällig, sodass der Pfarrer veranlasste, das Schulhaus nach Umbau kurzerhand zum Pfarrhaus
zu machen. Die Schule wurde vorübergehend in das Rathaus verbannt (vergl. Kirchgasse 5). Seit
1962 ist das Haus in Privatbesitz.
Röhrbrunnen
Hauptstrasse 29
1806 stand hier ein Gehöft mit einstöckigem Wohnhaus. 1881 wurde alles abgebrochen und neu
gebaut. Das Hoftor befindet sich an der Röhrbrunnenstraße. Eine Tür führt von der Hauptstraße aus
zu dem Haus. Neben dieser Tür ist seit 1930 der Röhrbrunnen angebracht, der sich vorher auf der
linken Seite des Eingangs zum Dorfgraben befand mit einem großen Steintrog.
Der Röhrbrunnen wurde 1885 erstmals in einer Mettenheimer Chronik erwähnt und 2013 durch die
Freitagsturner des TV Mettenheim renoviert.
Kirchgasse 13
Das hier stehende Gebäude ist der Rest eines größeren Gebäudes, das bereits vor 1806 stand.
Zur gräflich wartenbergischen Zeit befand sich in diesem Haus, das noch einen Nebenbau und
eine Stallung hatte, die Wohnung des gräflichen Obergärtners.
Das ganze Gelände (Herrngarten) war mit einer Mauer umgeben. Die ursprüngliche Mauer ist
noch auf der Nordseite erhalten.
Das Gebäude wurde nach 1970 zu einem Wohnhaus umgebaut.
Kindergarten
Gartenpfad 1
Vor 1806 stand auf diesem Gelände hintereinander zwei Wohnhäuser Nr. 30 und Nr. 31. Nr. 31 war
Eigentum der jüdischen Gemeinde, hier war auch die jüdische Schule von 1832–1873 untergebracht.
1896 wurden beide Anwesen von der Gemeinde gekauft, nachdem schon 1886 mehrere Bürger die
Nr. 31 erworben hatten, um eine Kinderschule einzurichten.
Beide Gebäude wurden durch die Gemeinde abgebrochen und an Stelle von Nr. 30 wurde eine
Kinderschule durch die Gemeinde erbaut, während der Platz wo Nr. 31 stand, zum Hof wurde. Um
1900 wurde aus Nr. 30 und Nr. 31 Gartenpfad 1.
Nachdem dieser Kindergarten zu klein geworden war, wurde 1954 auf dem gemeindeeigenen Gelände
an der Gartenstraße (jetzt Feuerwehrgelände) ein neuer Kindergarten gebaut. 1955 wurde
das Gebäude mit Hof verkauft.
Gasthaus zum Schwanen
Hauptstrasse 8
Hier stand vor 1806 ein zweistöckiges Wohnhaus mit Scheune, Stallung und Kelterhaus.
Im Jahre 1889 wurde das alte Wohnhaus samt Stallung abgebrochen und ein neues zweistöckiges
Wohnhaus mit der Längsseite zur Straße und überbauter Toreinfahrt errichtet.
Die Gastwirtschaft wurde schon 1726 betrieben, 1975 wurde die Gastwirtschaft geschlossen.
Nach Erzählungen von Pfarrer Jost, (Festschrift 1907) befand sich Graf Ludwig, der 1884 die Regierungsgeschäfte
von seinem Vater Graf Casimir übernahm, fortwährend in Geldnot, und noch
heute liegen unbezahlte Rechnungen für Speisen und Getränke vom Gasthaus Schwanen vor.
Bild von 1920
Historischer Friedhof
Am 28. August 1828 wurde der Mettenheimer „Historische Friedhof“ feierlich eingeweiht und bis
etwa 1930 belegt. Er ist mit seinen mehr als 100 noch erhaltenen Gräbern einer der ältesten und
größten Friedhöfe in Rheinhessen.
Nachdem in den 1960iger Jahren der nördliche Teil des Friedhofs dem Bau der Leichenhalle weichen
musste, ist nur noch die südliche Hälfte vorhanden.
Geschaffen wurden die Grabsteine, bei denen jeder ein Kunstwerk ist, von 12 verschiedenen Steinmetzen.
Daraus hat sich eine einzigartige Vielfalt an Form- und Materialwechsel und Stil-Elementen
ergeben.
Bemerkenswert ist insbesondere die reichhaltige Grabpoesie auf den Rückseiten der Grabsteine.
Die in Stein gehauene Symbolik aus Kreuzen, Mohn- und abgeknickten Rosenzweigen,
Säulen- und Eichenstümpfen ist in ihrer Unterschiedlichkeit beachtlich. Auf einem
relativ kleinen Raum findet man Obelisken, Säulen, tempelartige Stelen versehen mit
dunklen Syenittafeln und einen postamentartigen, quadratischen Pfeilerstumpf (Zippus)
aus rotem rheinhessischen Sandstein.
Kirchgasse 4
Barockes Wohnhaus eines Dreiseitenhofes aus dem frühen 18. Jahrhundert.
Giebelständiger Fachwerkbau auf massivem Untergeschoss mit Krüppelwalmdach. Im Südosten
zur Straßenkreuzung hin Eckständer mit Taustab, an dessen oberem Ende sich eine Krone befindet,
darüber ein geflügelter Engelskopf, am unteren Ende eine gehörnte Teufelsfratze. An der Schwelle
darunter befinden sich die Initialien „PH M3“, die für Philipp Muth III. stehen. An der inzwischen
erneuerten Toranlage befindet sich eine Spolie mit der Inschrift „HALM 1726“
Schulhaus - Lehrerwohnung - Ortsverwaltung
Kirchgasse 5
Das ehemalige Pfarrhaus direkt neben der Kirche, war 1832 baufällig und musste 1844 abgerissen
werden. Man errichtete auf diesem Platz das längst benötigte neue Schulhaus mit zwei großen
Sälen für die zweiklassige Schule im oberen Stockwerk. Im Erdgeschoss befanden sich eine große
Lehrerwohnung für den Hauptlehrer mit Familie und eine kleine Wohnung für den ledigen Vikar, der
als zweiter Lehrer wirkte. 1961 zog die Schule in den Neubau am südlichen Ortsrand und so war
ein zeitgemäßer Unterricht möglich und das bisherige Gebäude wurde zu Lehrerwohnungen und
die Ortsverwaltung umgebaut. Das Haus in der Kirchgasse 5 ist seit 1993 in Privatbesitz.
Postagentur
Hauptstrasse 17
Seit 1881 befand sich die Post von Mettenheim in der Hauptstraße. Nahezu 100 Jahre am gleichen
Platz und innerhalb einer Familie, 1995 wurde die Poststelle geschlossen. Im selben Jahr wurde die
Agentur in die Dresdenerstraße verlegt.
Außerdem befand sich in diesem Haus noch ein Kolonialwarenladen, der 1969 geschlossen wurde.
Seit 2012 gibt es keine Poststelle mehr in Mettenheim.
Winzergenossenschaft
Hauptstrasse
Im Jahre 1910 wurde eine Winzergenossenschaft in Mettenheim gegründet, die 1913 ein Kelter- und
Kellereigebäude erbauten.
Der Genossenschaft gehörten 1912 34 Mitglieder mit ca. 100 Morgen Weinbergsfläche an. Mit
ihrem großen Fassungsvermögen war sie vor allem für die Nebenerwerbswinzer ein wichtiger
Weinpreis-stabilisator geworden.
Seit 1992 in Privatbesitz.